Bundesweites Treffen des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di

Vernetzung für den Widerstand 

Am 6./7. April 2024 trafen sich 26 Gewerkschafter*innen vom Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di in Kassel. Die Teilnehmenden kamen aus unterschiedlichen Branchen wie öffentlicher Dienst, Post, Telekom, Postbank, Sparkasse, Diakonie und anderen. Auch kamen die Kolleg*innen aus vielen verschiedenen Städten zusammen, wie aus Schleswig-Holstein, Hannover, Kassel, Bielefeld, Lemgo, Dortmund, Neustadt, München, Stuttgart, Dresden, Berlin. Auch altersmäßig war die Runde bunt gemischt. Es war ein weiterer guter Schritt bei dem Vorhaben, die Vernetzung weiter voranzubringen und eine Alternative zu dem sozialpartnerschaftlichen Kurs der Gewerkschaftsführung aufzubauen.

 Krise, Krieg und Inflation- Gegenwehr vorbereiten

 In der Auftaktveranstaltung ging es um die aktuelle Lage, die geprägt ist von multiplen Krisen, Krieg und Inflation, aber auch einer gesellschaftlichen Polarisierung mit einer erstarkenden Rechten auf der einen Seite, auf der anderen massenhafte Proteste dagegen und einer Zunahme von Streiks. Angesichts des größten Kürzungshaushalts seit Jahrzehnten und einer verschärften Debatte um weitere Kürzungen und Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung wurde darüber diskutiert, wie eine gewerkschaftliche und gesellschaftliche Gegenwehr aufgebaut werden kann.

In einer weiteren Plenumsdiskussion wurde eine Bilanz der letzten Tarifrunden gezogen, über die gegenwärtigen und anstehenden Tarifauseinandersetzungen diskutiert und wie in diese eingegriffen werden kann. Von laufenden Tarifrunden berichtete ein Kollege von der Postbank, eine Kollegin von der Telekom und ein Kollege von den Leipziger Verkehrsbetrieben. Ein Kollege von der Post zog Lehren aus der vergangenen Tarifrunde für die kommende, deren Laufzeit zeitgleich mit der Tarifrunde im öffentlichen Dienst endet. Aus dem öffentlichen Dienst waren mehrere Kolleg*innen anwesend, um hier ebenfalls die vergangene Tarifrunde kritisch zu betrachten.

Vor allem aber wurde diskutiert, wie sich Kolleg*innen im Netzwerk diesmal schon von Beginn an besser koordinieren können, um bereits in der Forderungsdiskussion mehr Einfluss zu nehmen, aber auch Forderungen nach Aufkündigung der Schlichtungsvereinbarung sowie nach Streikdemokratie einzubringen. Wichtig wird auch sein, eine Koordinierung von zeitgleich stattfindenden Tarifrrunden frühzeitig in verschiedenen Betriebsgruppen und gewerkschaftlichen Gremien einzubringen. Dazu werden sich die von der Tarifrunde betroffenen Kolleg*innen beraten.

 Kämpferische Gewerkschaften aufbauen 

 Einigkeit herrschte auch darüber, dass ein deutlich entschlossenerer Kampf seitens der Gewerkschaften nötig ist, um ein Abwälzen der Kosten der Krisen auf die arbeitende Bevölkerung zu verhindern. Es ist daher jetzt wichtig, in den Gewerkschaften Alarm zu schlagen, Widerstand gegen eine drohende Agenda 2030 zu organisieren. Einige Kolleg*innen auch aus anderen Gewerkschaften hatten bereits an einem Entwurf für einen entsprechenden Aufruf gearbeitet. Der Zwischenstand davon wurde in einem Arbeitskreis besprochen. Dieses Projekt will das Netzwerk mit unterstützen und die Debatte darüber in Gewerkschaftsstrukturen einbringen.

In einem weiteren Workshop ging es um die Frage, wie man im Betrieb den Anfang machen kann, um sich mit Kolleg*innen zu organisieren und gewerkschaftliche Strukturen aufzubauen. Einige der Teilnehmenden berichteten von ihren Erfahrungen und wie sie es durch diesen Aufbau schafften, zum Teil erhebliche Verbesserungen (wie zum Beispiel einen an den TVÖD angelehnten Tarifvertrag und anderes) für die Beschäftigten zu erkämpfen, was wiederum zu einem gesteigerten Organisationsgrad führte. 

Ein Arbeitskreis zur Arbeitszeitverkürzung befasste sich unter anderem mit der Frage, wie diese Forderung in den verschiedenen Brachen mit jeweils unterschiedlichen Bedingungen eingebracht werden kann und was zur Durchsetzung nötig wäre. In der Diskussion wurde deutlich, dass dies unbedingt im Zusammenhang mit den Forderungen nach einem vollen Lohn- und Personalausgleich nötig ist. Das soll auch in die Forderungsdiskussion zur Tarifrunde im öffentlichen Dienst eingebracht werden (Vorschlag 35-Stunden-woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich plus tabellenwirksame Festgeldforderung). Es wurde auch betont, dass diese Forderungen schnell die Frage aufwirft, wie die Wirtschaft strukturiert ist. Unter den jetzigen Vorzeichen von Marktlogik einerseits und Spardiktaten andererseits innerhalb des Systems stößt man immer wieder an Grenzen. Das Beispiel zeigt, dass auch Diskussionen über Alternativen zum Kapitalismus in den Gewerkschaften angestoßen werden sollten. Es wurde angeregt, hierzu eine Zoom Veranstaltung zu organisieren.

Im parallel stattfindenden Workshop zum Streikrecht wurde unter anderem über das Mittel des politischen Streiks debattiert, gerade auch mit Bezug zu mögliche Angriffe auf das Streikrecht, aber auch möglichen bevorstehenden Sozialkürzungen. Hier soll ein Reader erstellt werden.

Alle betonten am Ende, dass der Austausch sehr konstruktiv und lehrreich war und man mit neuen Ideen und neuer Motivation die Vernetzung kämpferischer Gewerkschafter*innen vor Ort voranbringen wird. Da alle in den unterschiedlichsten Strukturen aktiv sind wurde festgehalten, ein nächstes Präsenztreffen in einem Jahr abzuhalten und man in der Zwischenzeit auch mit Online-Treffen den Austausch aufrecht erhalten und sich vernetzen wird. 

Gemeinsame Projekte der nächsten Zeit sollen sein:

Telekom-Tarifrunde – Solidarisch und kritisch mit Vorschlägen begleiten

Unterstützung des Aufrufs „Wir schlagen Alarm“ für Widerstand gegen Kürzungspolitik und weitere kommende Angriffe (wird noch verschickt)

1. Mai – Sammeln von Unterschriften für den Aufruf – mit Kolleg*innen über das Netzwerk sprechen

Inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen Arbeitszeitverkürzung und Streikrecht – Erstellung von Material

Einbringen in die Forderungsdiskussion im ÖD (soll im Juni beginnen) – Absprachen dazu

Einbringen von Anträgen zur Aufkündigung der Schlichtungsvereinbarung im Öffentlichen Dienst