Die Forderungsdiskussion für die Tarifrunde Bund und Kommunen läuft. Viele Kolleg*innen sind in ihren Betrieben und Dienststellen bereits befragt worden. Viele Kolleg*innen haben schon richtig gesagt, dass eine hohe zweistellige Prozentforderung nötig ist. In einigen Bereichen wurde bereits eine Forderung nach 15% und mehr oder auch nach monatlichen Festgeldbeträgen von 500 Euro aufgestellt. Einige haben sogar gesagt, dass dies noch zu wenig ist. Wir teilen diese Meinung und schlagen vor, dass die Bundestarifkommission eine solche Forderung – mindestens im Bereich eines monatlichen Festgelds von 500 Euro und 15 Prozent mit einer maximalen Laufzeit von 12 Monaten beschließen sollte.
Preisexplosion
Es ist klar, dass dies angesichts der Preisexplosion für Energie, aber auch im Bereich Lebensmittel absolut notwendig ist. In beiden Bereichen liegen die Preissteigerungen bereits über der Inflation. Deshalb ist die oben genannte Forderung in keiner Weise überzogen oder unangemessen. Stattdessen muss es zusätzlich eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflation geben, wenn diese noch weiter steigt. Das kann tarifvertraglich festgeschrieben werden.
Arbeitszeitverkürzung
Angesichts der existenziellen Nöte wird für viele Kolleg*innen am wichtigsten sein, eine solche Lohnforderung durchzusetzen. Allerdings ist die ebenso drängende Frage von Arbeitsbelastung in vielen Bereichen nicht verschwunden. In den Krankenhäusern und Kitas ist der Druck für die Kolleg*innen nun schon seit Jahren so enorm, dass viele entweder einen Berufswechsel vornehmen und andere ihre Stunden reduzieren und lieber auf Geld verzichten. Das wird angesichts der jetzigen Preisentwicklung wiederum für viele gar nicht mehr möglich sein. Daher muss die Frage der Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich weiter auf die Tagesordnung der Gewerkschaften gesetzt werden.
Personalaufbau
Zusätzlich muss der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen mit der gesellschaftspolitischen Forderung nach mehr Ausbildung, garantierter Übernahme und Einstellungen nach Tariflöhnen in den Kommunen und im Bund verbunden werden. Mehr Personal ist dringend nötig in den Krankenhäusern, den Kitas, den Schulen, den Bezirksämtern (hier wird es auch mindestens eine Verdreifachung bei den Wohngeldanträgen geben), in der Sozialarbeit, bei den Feuerwehren und vielen anderen. Es ist dringend nötig, hier nach Bedarf auszubilden und Stellen zu schaffen.
Tariflöhne
Hierbei sind Tariflöhne zu zahlen, die keine Armutslöhne sind. Entsprechend sollten die unteren drei Lohngruppen in der TVÖD-Tabelle abgeschafft werden. Eine weitere wichtige Forderung muss sein, dass ein Stellenwechsel im öffentlichen Dienst den Kolleg*innen nicht zum Nachteil erwächst und es eine Stufenangleichung geben muss.
Re-Kommunalisierung
Profitorientierung und Konkurrenzwesen haben im öffentlichen Dienst nichts zu suchen. Es ist abzulehnen, dass zum Beispiel in Krankenhäusern viele Bereiche wie Reinigung, Patiententransporte, Essensvergabe und vieles mehr an private Dienstleistungsfirmen outgesourced wurde. Das bedeutet, dass in diesen Bereichen Kosten beim Personal eingespart werden, um Profite zu machen. Dadurch leidet zum einen die Qualität, weil die Kolleg*innen massiv unter Zeitdruck gesetzt werden. Zum anderen werden Kolleg*innen zu Hungerlöhnen abgespeist. Damit muss Schluss sein und die Gewerkschaften sollten die Tarifrunde nutzen, um die politische Forderung nach Insourcing und Rekommunalisierung laut und vernehmbar in die Öffentlichkeit zu transportieren.
Reiche besteuern
Diese Tarifrunde wird eine der wichtigsten der letzten Jahrzehnte. Der Lebensstandard von Millionen von Beschäftigten ist massiv gefährdet. Schon seit Jahren sich verschlimmernder Stress belastet die Kolleg*innen. Wenn der Chef von Uniper sagt, „verpasse niemals eine gute Krise“, dann sagen wir: es muss Schluss sein damit, dass Konzerne und Vermögende sich immer weiter bereichern und wir die Zeche zahlen sollen. Mit Milliarden-Rettungspaketen an private Konzerne muss Schluss gemacht werden. Stattdessen sollen die oberen ein Prozent zur Kasse gebeten werden! Mit der Einführung einer Vermögenssteuer von zehn Prozent ab einer Million Euro, mit einer massiven Besteuerung der Konzerne und Banken könnten hunderte Milliarden Euro sinnvoll genutzt werden – im Interesse der Millionen anstatt der Milliardäre. Deshalb darf es von Seiten der Gewerkschaftsführung in dieser Tarifrunde keine Kompromisshaltung geben.
Urabstimmung und Vollstreik vorbereiten
Es ist klar, dass uns nichts geschenkt werden wird. Wenn wir auch nur einen geringen Abfall des Lebensstandards verhindern wollen, müssen wir kämpfen. Mit ein paar Warnstreiks wird es nicht getan sein. Die Ver.di-Führung muss jetzt schon klar sagen, dass die Gewerkschaft bereit ist, für die Durchsetzung der Forderungen der Beschäftigten auch eine Urabstimmung für Vollstreik durchzuführen! Entsprechende Anträge und Beschlüsse sollten in den Betrieben und Gremien gefällt werden, um Druck von unten aufzubauen.
Nein zur konzertierten Aktion
Die so genannte Zeitenwende, die Olaf Scholz zu Beginn des Jahres ausgerufen hat, muss für die Gewerkschaften heißen: Schluss mit Sozialpartnerschaft und Co-Management. Auch die konzertierte Aktion ist abzulehnen, denn sie ist allein der Versuch, die Gewerkschaften darin einzubinden, dass die Zeche für Krise und Inflation wieder von der Masse der Bevölkerung und nicht den oberen ein Prozent gezahlt werden soll.
Für einen heißen Herbst jetzt
Die Tarifrunden sind kein Ersatz für die Notwendigkeit, mit politischen Forderungen nach festen Preisobergrenzen und einer gesetzlich einzuführenden gleitenden Lohnskala als zentrale Forderungen gegen die Inflation einen heißen Herbst zu organisieren. Doch die anstehenden Tarifrunden sollten mit diesen Protesten verbunden werden, so dass Beschäftigte zu Hunderttausenden gemeinsam auf die Straße gehen können. Proteste im Herbst unter dem Motto „Genug ist Genug – Protestieren statt frieren“, zu denen alle Gewerkschaften jetzt gemeinsam aufrufen sollten, sind zudem ein gutes Mittel, um mehr Kampfkraft für die Tarifrunde in Bund und Kommunen aufzubauen.
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